Filmkritik: "The Imitation Game"

Diesen Film habe ich lange vor mir hergeschoben. Die Gründe werde ich kurz darlegen. Auch den Grund, warum ich mir doch angesehen habe: Benedict Cumberbatch (Link).

 

Vorwissen

Der Film kämpft natürlich mit dem "Titanic" Problem. Eigentlich wissen alle Interessierten sowieso schon, was passiert. Und ich betrachte dieses historische Grundwissen im Folgenden auch nicht als Spoiler. Werde mich aber trotzdem so weit wie möglich zurückhalten. Dieser Text sei für all diejenigen gedacht, die (bisher ohne Vorwissen) nicht ganz planlos im Film sitzen möchten...

Enigma

Die Enigma wurde in Deutschland entwickelt und diente der Verschlüsselung wichtiger Nachrichten während des zweiten Weltkrieges. Sie sah einer Schreibmaschine ähnlich. Man tippte den Text auf der Tastatur und die entschlüsselten Buchstaben leuchteten auf.

Grundsätzlich wurde der Schlüssel durch die Stellung mehrerer Walzen und durch Verbindungen auf einem Steckbrett eingestellt (man möge mir die grob ungenaue Darstellung verzeihen - mehr Details auf Wikipedia... Link). 

Die Enigma war sehr gut, hatte aber ein paar Schwächen. So konnte niemals ein beliebiger Buchstabe durch die Verschlüsselung auf sich selbst abgebildet werden. Dies erlaubte überraschenderweise schon einen Rückschluss auf den Klartext. Auch wiederkehrende Wendungen in den deutschen Nachrichten konnten zur Entschlüsselung verwendet werden...

Hintergrund: kannte man bestimmte Klartextwendungen, die der Text sicher enthalten sollte (z.B. "Heil Hitler" o.ä.) konnte man den Text auf eine Stelle durchsuchen (in diesem Fall wohl eher am Ende), an der keiner dieser Buchstaben vorkam (da ja aufgrund der Umkehrwalze ein z.B. "e" nie auf ein "e" abgebildet werden konnte. Man schiebt den zu suchenden Text stückweise am Schlüsseltext entlang - Details finden sich sehr gut visualisiert unter diesem Link).

 

Der Film

Der Streifen baut einen Rahmen um die eigentliche"historische" Handlung: Er beginnt mit Turings Verhör und einer kurzen, aber intensiven Ansage aus dem Off. Ein "enigmatischer" Anfang - man mag mir das Wortspiel hoch anrechnen. Benedict Cumberbatch spielt im Laufe des Films buchstäblich alle an die Wand. Seine trockenen Dialoghälften machen den Film zu einem absolut sehenswerten Ereignis. Sehr präzise wurde versucht, die Stimmung und auch die damalige Lebensweise abzubilden.

Meinung

Sehr viel Rückschau und Zeitsprünge prägen diese Geschichte. Das mag mithin etwas an der Geduld zehren. Auch bleibt mir unklar, was uns eigentlich vermittelt werden sollte. Hier verliert sich der Film immer wieder. Denn die Entschlüsselung wird nur rudimentär und teilweise falsch dargestellt. Auch Turings Charakterisierung entspricht kaum den gängigen Überlieferungen. Dieser Film wäre für mich ganz groß gewesen, wenn er die Handlung vollkommen auf die fiktive Eben gezogen hätte auf der Cumberbatch eben den nerdigen Wissenschaftler in der "sherlockfreien" Zeit verkörpern darf. So hätte ich den Film gemocht.

Die Schrift-Tafeln am Ende des Filmes sprechen eine deutliche Sprache und kurz blitzt mein Verdacht durch mein vernebeltes Hadern: "ist das die Botschaft des Filmes?" Die paar Schrifttafeln am Ende, die verdeutlichen, wie in den Nachkriegsjahren mit Homosexuellen umgegangen wurde? Ein Gefühl der Unbefriedigung bleibt.

 

 

Historische Fehler - Spoiler

Schon die Darstellung des eigenbrödlerischen Genies, der die "Maschine" allein mit seiner Hände Arbeit erschuf, nagt an der Glaubhaftigkeit dieser Geschichte. Die Maschine wurde als Teamleistung zusammengebaut unter der Leitung Alans. Auch die autistische Darstellung des Films scheint (zumindest) stark übertrieben. Turing wird überliefert als durchaus gesellig und fähig, Humor zu verstehen.

Alans Jugendliebe Christopher (und die begleitenden Ereignisse) gab es wirklich, wenngleich sich auch die Geschichtler streiten, ob dieser Alans Gefühle erwiderte. Auch Joan Clarks´Charakter stimmt einigermaßen mit der Überlieferung überein, wenn auch in einigen Punkten leicht verfälscht. Es gab beispielsweise keinen Besuch von ihr bei Turing in seiner "Bewährungsphase" (nach der Verurteilung).

Unklar bleibt, ob die Hormontherapie Turing in den Selbstmord getrieben hat. 14 Monate nach Ende der Therapie scheint dies zumindest anzweifelbar.

Die Lorenz Maschine (Link): Wird im Film (soweit ich mich erinnere) gar nicht erwähnt. Sie war (wie "Spiegel TV History" meint) der "Blackberry Hitlers". Sie wird oft gegenüber der Enigma unerwähnt gelassen. Manche behaupten, ihre Entschlüsselung hätte den Krieg um 2 Jahre verkürzt. Wer sich wirklich für die Geschichte interessiert, sollte die vier Episoden "Station X" konsumieren und vielleicht eher auf "The Imitation Game" verzichten..

 
 

HE IHR!  Ja GENAU DU!

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Starring Benedict Cumberbatch, Keira Knightley, Matthew Goode, Charles Dance, Mark Strong