Filmkritik: "Y/N - Yes/No (You Lie, You die)"

Endlich einmal wieder ein Film, der mich durch sein überraschendes Konzept fesselte. Thema: Wie gut kennt man den, den man liebt, wieviel ist man bereit selbst zu geben und zu verzeihen?

Das Szenario: Kate und Jack sind seit einer ungenannten aber nicht sehr langen Zeit verheiratet. Plötzlich finden sich beide (getrennt voneinander) in jeweils einer Zelle  wieder. Ihnen werden über ein Display Fragen gestellt, die nur mit "Ja" oder "Nein" beantwortet werden können.

Und ihre Antworten können ernste Folgen in der Realität haben. "Vertrauen Sie ihrem Mann" - "würden Sie ... darauf wetten"? 

Eine - wie ich finde - hochinteressante Idee mit - zugegebenermassen - einigen kleinen Schwächen (mehr dazu im Spoiler nach dem Trailer). 

Der Film erinnert in seiner Optik an "Cube" und könnte auch kurz Erinnerungen an das Konzept von "Saw" wecken. Ruhig Brauner! Die Filme haben nichts miteinander zu tun! Ich würde "Y/N" eher ihn in der Kategorie "Mind Games" einordnen. Wer Splatterei erwartet, sollte draussen bleiben.

Ich mochte den Film. Ich würde nicht so weit gehen, ihn als eine tiefenpsychologische Parabel auf Beziehungen zu bezeichnen (dafür schwächelt er an gerade dieser Stelle zu stark), aber er erfrischt durch ein paar neue Ideen und grossartige schauspielerische Leistungen.

 

 

Ein bizarrer Beziehungstest, der zwei frisch Vermählte am Ende mehr kosten soll als ihre Liebe - ihr Leben! Kate (Ellen Hollman) und Jack (John Brotherton) sind Ende 20, glücklich, und tragen wie jeder andere auch ihre Geheimnisse mit sich herum. Nach ihrer Hochzeit erwachen sie aus einem tiefen, dunklen Schlaf, jeder allein in einem versiegelten Raum ohne Türen und Fenster.

 /* Spoiler - "Fehler, das Ende" oder "war das alles nur ein Traum?" */

Es störte mich anfangs, dass immer mehr Dinge auftauchen, die so nicht möglich waren:

Da gibt es Videos, die es nicht geben dürfte. Welche Gruppierung auch immer das Pärchen gekapert hat, hätte sie schon sehr sehr früh beobachten müssen. Auch die Blickwinkel (z.B. am Strand) - die Stalkervideos zeigen Blickwinkel bei denen der Kameraführende (selbst eine Drohne) für die Agierenden sichtbar hätte sein müssen. 

Etwas später dreht der Film immer mehr ab. Die "Cubisten" (ich nenne sie mal so) können sofort in seine Wohnung rennen, als er sie bittet. Wieviel Person haben die denn (bei dem Fachkräftemangel heutzutage)? 

Etwas später wird die Wirkung der Schwerkraft aufgehoben. Und das mit voller Absicht (denn die Szene existiert mindestens zweimal und der Kameraschwenk zeigt deutlich, dass einer auf der Decke und einer am Boden sitzt). 

Frage 1: Spielt sich alles nur im Kopf der beiden ab und war dann doch nur ein böser Traum? Nein. Die Kamera zeigt am Ende die leicht gerötete Stelle an Kates Hals. Deutlicher geht es nicht.

Frage 2: Wer sind "die". Meine Theorie dazu: Jacks Psychokasper deutet an, dass es eine Gruppe gibt, die ungewöhnliche Paartherapie durchführt. Ich denke hier liegt der Schlüssel.
Man darf wohl an das Drehbuch nicht mit physikalischen Ansprüchen herangehen. Man hat dem Fluss der Handlung und der Symbolik viel Realität geopfert. Sehr deutlich sichtbar im finalen Akt, als Kate sich eine Brücke zu Jack (mit Tisch und Stuhl) baut. Hier steht die Symbolik des Augenblicks im Vordergrund.

Weiteres Argument für meine These: Andeutungen von Menschen, die die beiden gefangen halten. Immer wieder sind Helfer kurz unscharf zu sehen, die jemand raustragen oder eine Manipulation durchführen. Auch das kurze "Streitgespräch" der beiden Stimmen stützt diese Vermutung - denn Menschen streiten eben.

Am Ende des Tages aber frage ich mich, was der Film mir sagen möchte. Er hat sie belogen und beklaut, aber mit ein paar Pralinen ist alles wieder gut? Sie hatte bis zu ihrer Hochzeit eine Affaire aber am Hochzeitstag beendet sie diese und damit ist alles gut? Ich finde hier ein paar lose Enden, die mich nicht 100% befriedigen können.

Beeindruckend empfand ich die "angehaltenen Videos": auch scheinbar eindeutige Unterhaltungen können aus dem Zusammenhang heraus (und ohne ihr Ende), falsch interpretiert werden (die Sache mit dem schmutzigen Hemd z.B.).