Prüf-Grundlagen: USB Charger

Wie teste ich am besten ein USB Netzteil / Ladegerät? Was ganz harmlos mit ein paar Widerständen auf dem Labortisch angefangen hat, hat sich mehr und mehr zur Lebensaufgabe entwickelt.  Ich habe (eigentlich erst nur für mich) hier zusammengeschrieben, mit was ich wie in Zukunft testen werde. Da die Geräte älterer Tests meist nicht mehr verfügbar sind (da in der Regel zerstört), können nur Tests ab dem 01.07.2015 nach diesem Schema bearbeitet werden. Es folgt die "Version 1.0" der "Prüfanweisung". Änderungen werden hinten angefügt.

History:
Version 1.0 09.07.2015

Zur Beachtung: Auch wenn ich ab und zu schreibe, "das Gerät hat in diesem Test versagt" so bedeutet es nicht, dass Normen verletzt wurden. Vielmehr handelt es sich hierbei um eine reine Meinungsäußerung meinerseits.

Die aktuelle Liste aller wie folgt geprüften Geräte liegt hinter diesem Link.

 

1. Belastbarkeit eines einzelnen USB Ports

Die Strombelastung eines Ports wird durch Widerstände gesteigert und die Spannung, die der Port abgibt gemessen. Dabei dient ein selbst gelötetes Kabel mit 2 x 0,75mm^2 Querschnitt als Messleitung. Die Spannung wird direkt am USB Port gemessen (siehe Wikipedia "Stromrichtige Schaltung). Ich wähle diese Schaltung, da der Spannungsregler im Gerät ja keine Chance hat, die "wahre" Spannung am Widerstand zu "sehen".

Anker 6 Port 60W

Choetech 50W

Das obige linke Bild zeigt ein sauberes Verhalten des Anker 6 Port Gerätes. Ab 3,5A wird der Port (einzeln) abgeschaltet. Die Messung wird für alle Ports wiederholt. Hier interessiert auch, ob ein Port unabhängig vom anderen abgesichert wurde. Im rechten Diagramm erkennt man ein Gerät, das die Ports nicht einzeln absichert. Irgendwann sinkt die Spannung zu tief. Das ist ein unerwünschtes Verhalten - 7A können sowieso kaum über "normale" Kabel übertragen werden.

Erlaubterweise sollte die USB Spannung im Bereich 5,50-4,75V liegen - ich setze die "High Power USB 2" Definition voraus (siehe Link). USB 3 wäre nach unten hin etwas toleranter mit 4,45V.

Dieser Bereich sollte auch bei Belastung eingehalten werden. Das folgende Oszillogramm zeigt nur den AC "Anteil" bei Belastung. Man sieht die leicht unsaubere Regelung. Das Gerät bleibt aber innerhalb der USB Norm.

 
 

2. Kurzschluss Test

Ein Port muss im Vollkurzschluß 1h lang belastet werden können, ohne dass Schaden am Gerät entsteht. Auf keinen Fall dürfen Teile schmelzen (wie im folgenden Bild dieses Gerätes der Stecker im Gehäuse eingebacken wurde):

Der USB Stecker ist mit der Buchse verschmolzen - folge des zu hohen Stromes.

 

Meist gibt die Stromkurve im Kurzschlussfall recht schnell Auskunft, wie gutartig sich das Gerät verhält. Diese Peaks des Choetech Chargers steigen zwar auf 10A, liegen aber kurz genug an, dass das Gerät sich nicht einmal spürbar erwärmte.

 

 

3. Wirkungsgrad

Durch Widerstände wird die aufgenommene Leistung gesteigert. Es wird die Spannung direkt an den Widerständen (Korrektur 08.08.2015 - direkt am Port) gemessen (jeder Einzelverbraucher nimmt ca. 10W auf) und daraus die Nettoleistung ermittelt (17.07.2015 Ergänzung: falls die Portspannung absinkt, wird dies ins Ergebnis mit eingerechnet. Hierbei wird auch der wirkliche Widerstand der Last einbezogen). Auf Netzseite bestimmt ein "ELV Energy Master Basic-2" (Messgenauigkeit: 0 - 10 W: 1% ±1 Digit 10 - 100 W: 1% ±3 Digit 100 - 3680 W: 1,5% ±3 Digit) die Bruttoleistungsaufnahme des Gerätes. Je höher der Wirkungsgrad, desto kühler bleibt (vor allem bei hoher Leistungsabgabe) das Gerät. Das Ergebnis des Tests spiegelt sich in einem Diagramm wieder, das Wirkungsgrad gegenüber der angeforderten Leistung aufgetragen zeigt.

Versuchsaufbau

Versuchsaufbau

Leistungsmessgerät

Auswertung Wirkungsgrad vs. elektrische Leistung auf USB Seite

 

 

4. Dauerlauf

Der Prüfling liegt auf einer Stahlbox und auf einer (thermisch isolierenden) Filzmatte. Darunter arbeitet ein Lüfter an der Kühlung der Lastwiderstände.

Thermische Rückwirkung?

Die Wärmebilder werden mit einer FLIR TG165 bestimmt. Diese Kamera ermöglicht eine Abschätzung des Wärmeverlaufs. Am Hotspot wird die Oberflächentemperatur durch ein Draht-Thermoelement an einem VC890 Multimeter (Gesamt-Ungenauigkeit <+/- 3°C) auf Plausibilität geprüft (denn: durch unterschiedliche Oberflächen wird die gemessene Temperatur ab und zu verfälscht).

Wirken die Lastwiderstände thermisch auf das Gerät zurück?

Hier nochmal (rechts) eine Großaufnahme aus "Sicht" der Widerstände. Die hell leuchtenden Punkte erreichen etwa 120°C. Die thermische Brücke im Vergleich zum 45°C heißen Gehäuse erscheint kaum sichtbar.

 
 

5. Störabstrahlung (experimentell)

Das Thema HF Abstrahlung ist ein Thema voller Missverständnisse. Ich habe diese Messung "für Spaß" aufgenommen. Ich möchte aber ganz klar ausdrücken:

  • Diese ist eine rein qualitative Messung.

  • Die Ergebnisse lassen keine Rückschlüsse auf das Einhalten irgendwelcher Normen zu.

Ich beschränke mich hier nur auf Abstrahlungen im UKW Bereich. Mit dem Spectrum Analyzer wird die Empfangssituation vor Ort bestimmt und die schwachen von den starken Sendern erstmal für den Test aussortiert (die zu erwartende Störung sollte einen schwachen Sender schneller beeinträchtigen als einen starken - also betrachte ich nur die "Kleinen"):

Referenzmessung: Die Spitzen sind grösstenteils die örtlichen Radiosender

Werden die beiden schwächsten Sender nicht gestört, sehe ich den Test als "bestanden" an (bei 10W Last).

Die Messung wird mit einem peinlich naiv-simplen Aufbau durchgeführt: Ein "nackerter" Draht lugt aus einem Cinch Stecker am 50 Ohm BNC Kabel. Den Empfang scheint diese Einfachheit nicht zu jucken. Man erkennt die üblichen UKW Sender und andere Störungen ("Referenz Messung").

Der Choetech produziert leichte Störungen des Senders ("Marker 1" auf allen Bildern) bei 97,1 MHz. Der simple Aufbau zeigt ein Absinken des Signal/Rauschverhältnisses von ca 20 dB (im Messabstand von etwa 20cm).

Gleicher Aufbau mit dem Charger von Anker. Ich höre keine Störungen beim ausgewählten (oder anderen) Sendern. Das Bild im Spectrum Analyzer hat sich kaum (gegenüber der Referenzmessung) verändert.

 
 

6. "Kompatibilität" - lädt das mein Handy?

Kurz und radikal. Es gibt bei Amazon und anderen spezielle USB Kabel "nur zum Laden". Die lösen die meisten Probleme (jedenfalls für Android). Ein Beispiel habe ich unten verlinkt (diese habe ich selbst auch im Einsatz).

Warum ich nicht auf "Kompatibilität" mit verschiedenen Handys teste:

Das Thema bewegt die Gemüter. Jeder hat andere Theorien, warum manches Gerät schneller geladen wird mit einem anderen Ladegerät. Es bleibt undurchsichtig:

In der Theorie: Der USB Port (2.0) wurde eigentlich nur bis 0.5A spezifiziert (ein Verbraucher kann immer (!) 100mA ziehen; nachdem er sich beim Host angemeldet hat, 500 mA). Ein beliebiges Gerät darf nicht mehr entnehmen. Um aber Ladegeräte mit höherer Stromabgabe verwenden zu können, signalisiert man über die nicht verwendeten Datenleitungen den Modus "nimm Dir alles, was da ist - ich bin ein Ladegerät" über einen Widerstand < 200 Ohm. Leider verhält sich das bei Apple Geräten wieder anders.

In der Praxis: Die zu ladenden Geräte versuchen teilweise "an der Norm vorbei" das Ladegerät zu erkennen. Schlimm genug.  Und die (universellen) Ladegeräte arbeiten mit allen Tricks, dem Handy (Tablett o.Ä.) vorzugaukeln, dass alles gut ist.

Leider hängt es von vielen Faktoren ab, wieviel Ladestrom z.B. ein Handy beschließt, aufnehmen zu dürfen. Das Kabel geht sehr stark in die Problematik ein. Billige Kabel mit zu hohem Widerstand erlauben meist kein Laden jenseits von 500mA. Auch schlechte Kontakte mindern das Ladevergnügen. Diese Kabel stellen sicher (durch eine Brücke und einen insgesamt niedrigen Innenwiderstand), dass das mobile Gerät den maximalen Strom entnimmt. Bei meinen Messungen mit einem USB Strom-Messgerät und auch einem externen Multimeter wurden von verschiedenen Ladegeräten (Anker, Aukey) und Powerbanks (derselben Firmen) der maximale Strom mit allen Längen dieser Kabel erreicht.

Manche billigen "Lotterkabel" schafften das nicht. Im Folgenden habe ich ein Video erstellt, das genau diesen Zusammenhang einmal in der Ladepraxis zeigt.

Tipp: Da die Kabel keine Datenverbindung herstellen, sollte man sie markieren. Ich habe farbige Kabelbinder um das eine Ende befestigt. So bleiben sie von normalen USB Kabel unterscheidbar.

 
 

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